Ob im Büro, privat, mit Text, verbal oder non-verbal – wir Menschen wollen und müssen kommunizieren, um uns zu verständigen. Wo liegen die Unterschiede? Wo Stolperfallen? Und sollten Führungskräfte ihre Kommunikationsfähigkeiten schulen lassen?
Die Corona-Pandemie hat den Trend noch einmal verstärkt: In Büros wird immer häufiger schriftlich kommuniziert, vor allem, wenn viele Mitarbeitende im Home Office sind. Das macht die Kommunikation jedoch weder einfacher noch eindeutiger. Denn in der schriftlichen Verständigung via E-Mails oder Chat-Nachrichten fehlt die non-verbale Ebene. Daher wird häufig versucht, zwischen den Zeilen zu lesen. Und das Gegenüber versteht etwas völlig anderes. „Auch bei den schon fast inflationär genutzten Emojis ist Vorsicht geboten“, weiß Alexander Wilhelm, Managing Partner bei InterSearch Executive Consultants in Frankfurt. Selbst diese seien nicht so eindeutig zu verstehen, wie man oft meint.
Non-verbale Kommunikation muss zur Aussage passen
Wer lieber spricht als schreibt, nutzt mittlerweile häufig Video-Calls für die schnelle Abstimmung zwischendurch. Auch virtuelle Vorstellungsgespräche sind mittlerweile keine Ausnahme mehr. Sie sind insbesondere oft für das erste Interview mit Kandidatinnen und Kandidaten das Format der Wahl. Dabei können scheinbare Kleinigkeiten entscheidend und ausschlaggebend sein.
„Es ist schwierig, mittels Körpersprache etwas anderes auszudrücken als das, was man gerade auch in Worte fasst“, sagt Walter Schwertl, Geschäftsführender Inhaber der Beratergruppe Schwertl & Partner in Langenselbold. Eine Ausnahme bilden hier Schauspieler:innen und manche Politiker:innen, die oft ein spezielles Training durchlaufen. „Grundsätzlich sollte die non-verbale Kommunikation zur Aussage passen oder sie sogar bekräftigen“, erklärt der Business Coach. Denn fehlt die non-verbale Bestätigung des Gesagten, führt das zu Unsicherheiten. Wer einmal versucht hat, in einer Fremdsprache zu telefonieren, kennt das: Wenn man seinen Gesprächspartner nicht sieht, weiß man oft nicht wirklich einzuschätzen, ob man das Gesagte richtig versteht und richtig verstanden wird.
Beim Video-Call steht jedoch die non-verbale Kommunikation kaum zur Verfügung, weil die physische Nähe fehlt. „Wenn man sich kennt, kann man die Reaktionen des Gegenübers besser einschätzen als bei Unbekannten“, sagt Wilhelm. Dennoch müsse man sich ab und zu „in Präsenz“ treffen, auch um abzugleichen, wie man sich verändert hat und welche Bedeutung die Gesten des Gegenübers haben.
Bin ich schon live?
Ob live oder via Video: Es ist ein Gebot der Höflichkeit, sein Gegenüber anzuschauen und nicht aufs Handy oder einen Bildschirm zu starren. Davon sind die Experten überzeugt. Der Vorteil eines Video-Calls: Beide Seiten können währenddessen besser nach Informationen im Netz recherchieren. Zum Beispiel die Website des aktuellen Unternehmens checken, weitere Fragen stellen oder Aussagen des Kandidaten oder der Kandidatin prüfen. Allerdings sollten man dies nicht heimlich tun, sondern es offen kommunizieren, damit man im Gespräch nicht unbeholfen oder teilnahmslos wirkt.
Der Nachteil: Einige Kandidatinnen und Kandidaten haben eine zu lockere Einstellung zu Online-Interviews oder erkennen erst gar nicht, dass es sich um ein Interview handelt. „Auf der Sofakante fläzend in Jogginghose Fragen zu beantworten, hinterlässt keinen guten Eindruck für eine C-Level-Stelle“, fasst Wilhelm zusammen. Zudem lasse sich bei einem persönlichen Treffen leichter feststellen, ob die Chemie wirklich stimme. „Das fachliche Wissen ist ohnehin vorhanden oder lässt sich erarbeiten, aber die Chemie muss stimmen.“
Mensch als soziales Wesen
Auch im Büro läuft die Kommunikation unter Kolleg:innen anders ab, wenn man nur ein paar Schritte machen muss, um etwas persönlich zu bereden. „Kommunikation wird in Präsenz leichtgängiger. Sie macht mehr Spaß aufgrund der physischen Nähe und weil dann eben die non-verbale Kommunikation besser funktioniert“, sagt Schwertl. Arbeit ist nicht nur Aufgabenerfüllung, sondern auch eine soziale Begegnung. Der PC ist eine Maschine, aber der Mensch ist ein soziales Wesen.
Sollte man also seine Fähigkeiten in non-verbale Kommunikation trainieren? Das sei kaum möglich, meinen die Experten. „Jedoch können wir als Personalberatung unseren Kandidat:innen nach einem ersten Gespräch Rückmeldung zu ihrer Wirkung geben und sie dahingehend unterstützen“, sagt Wilhelm. Aber, warnt der Personalberater, man sollte sich in Bewerbungsgesprächen nicht verstellen oder sich dafür extra non-verbale Tricks aneignen. Knigge, Anstand und Höflichkeit seien Grundvoraussetzungen für eine Führungskraft. „Man wird später scheitern, wenn man etwas zu sein vorgibt, das man nicht ist.“
Für Führungskräfte sollten nach Meinung von Schwertl und Wilhelm Coaching und Mentoring zum Standard werden. Dabei müsse die non-verbale und verbale Kommunikation ein Schwerpunkt sein, gerade zu Beginn des eigenen Onboardings, wenn die Wirkung auf die neuen Kolleg:innen noch nicht absehbar ist. Sowohl InterSearch Executive Consultants als auch Schwertl & Partner bieten entsprechende Trainings an. „Scheitern ist teuer und das Kind dann oft schon in den Brunnen gefallen“ erklärt Wilhelm. „Coaching ist eine Investition in die Zukunft und führt langfristig meist auch zur Reduktion der Kosten“, ergänzt Schwertl.