Ältere Mitarbeiter:innen sind teuer, wenig effizient und warten nur auf ihre Rente. Wirklich? Tatsächlich wurden und werden – gerade während der Corona-Krise – zahlreiche ältere Arbeitnehmer:innen mit einer Abfindung in die Frührente geschickt. Und dennoch: Heutzutage ist es kein Tabu mehr, dass jemand mit Mitte oder Ende 50 einen neuen Job angeboten bekommt. Manch ein Unternehmen holt die (Früh-)Rentner sogar wieder zurück, die noch Jahre zuvor für viel Geld abgefunden wurden. Sie werden beispielsweise dafür eingesetzt, junge, unerfahrene Mitarbeitende an spezielle Themen heranzuführen und ihr Wissen weiterzugeben.

Rund 21 Prozent aller Beschäftigten waren 2020 laut Statistischem Bundesamt zwischen 55 und 64 Jahre alt. Aus gutem Grund, schließlich herrscht in sämtlichen Branchen Fachkräftemangel. Die Bereitschaft „old school Denken“ im Unternehmen zu haben, ist gar nicht so schwach ausgeprägt, bestätigt Dieter Albeck. Früher sei es schwieriger gewesen, für jemanden mit einer 5 vor dem Alter. „Häufig wird heute der 53-Jährige gegen einen anderen 53-Jährigen ausgetauscht, früher wäre es die 38-Jährige gewesen“, sagt der Managing Partner bei InterSearch Executive Consultants GmbH in Frankfurt.

Gezielt das Wissen im Unternehmen halten

Dabei kommt es auf die Branche an. „In einem Software-Haus ist es sicherlich etwas schwieriger, Ältere zu beschäftigen als in einem traditionellen Unternehmen“, sagt Albeck. Fachliches Wissen ändert sich immer schneller, umso wichtiger erscheint es da, dass auch die Generation 50 + bereit ist, permanent zu lernen, sich weiterzubilden und anzupassen. „Es ist von zentraler Bedeutung, das Knowhow von den Älteren auf die Jüngeren zu übertragen“, erklärt Albeck. „Gleichzeitig müssen die Jungen die Chance bekommen, ihre eigenen Erfahrungen zu machen.“

Für die Personalplanung kann dieses Modell durchaus Vorteile haben: Es ist wahrscheinlicher, dass die 55-jährige Führungskraft zehn Jahre im Unternehmen bleibt und ihre Erfahrungen einbringt, als dass die 45-Jährige zehn Jahre bleibt. „Gerade Ende 30 bis Mitte 40 sucht man den nächsten Karriereschritt“, erklärt Albeck. „Wenn dann der übernächste Step im Unternehmen nicht mehr möglich ist, ziehen sie weiter.“ Allerdings müsse auch klar sein: Die Sicherheit, dass jemand 20 Jahre bleibt – so man das denn will – ist ohnehin nicht vorhanden.

Motivation erforschen

Die Firma profitiert nicht nur von den Fertigkeiten älterer Mitarbeitenden auf ihrem fachlichen Gebiet, sondern auch von der Erfahrung, vielleicht schon einmal gescheitert zu sein und jetzt besser zu wissen, worauf es ankommt. Dazu gehören ein bedachteres Auftreten und Vorgehen, quasi die viel gerühmte Gelassenheit des Alters. Viele müssen sich mit Mitte 50 nichts mehr beweisen, treten unter Umständen sogar einen Schritt zurück.

Wer sich als Arbeitgeber:in mit dem Gedanken beschäftigt, länger Mitarbeitende im Unternehmen zu halten oder als Führungskraft einzustellen, sollte die Motivation und die Lebensplanung der- oder desjenigen genau erforschen. Vielleicht möchte jemand bewusst etwas Neues anfangen, oder das tun, was man schon immer tun wollte. Die finanzielle Seite steht nicht mehr so im Vordergrund.

Geschmeidiger Übergang

Ein inhabergeführtes Unternehmen, in dem ein Führungswechsel ansteht, die Kinder aber noch zu jung sind, um zu übernehmen oder noch nicht wollen, kann sich ebenfalls jemanden suchen, der diese Lücke für beispielsweise fünf bis zehn Jahre füllt. „Der- oder diejenige hätte dann ganz klar die Aufgabe, den Betrieb weiterzuführen, wohl wissend, dass die nächste Generation schon in den Startlöchern steht“, führt Albeck aus. Da könnte es schwieriger werden, einen 43-Jährigen zu gewinnen, der weiß, dass er dann mit spätestens Mitte 50 gehen muss. Zudem sei der Übergang von einer „fremden“ Person auf den Sohn oder die Tochter oftmals besser zu regeln als innerhalb einer Familie.

Dass ältere Beschäftigte häufiger krank sind, muss übrigens so pauschal nicht befürchtet werden. Der BKK Gesundheitsreport 2018 zeigt, dass sie zwar nicht häufiger krank sind als Jüngere, wohl aber länger ausfallen, falls sie dann doch gesundheitlich angeschlagen sind. Gesundheitsvorsorge ist also wichtig. „Sonderregelungen wie Teilzeit sollten auf jeden Fall möglich sein“, meint Albeck. Bei den Arbeitgebern sei Flexibilität gefragt, Angebote müssten sich individuell gestalten lassen. „Die Erfahrungen, die Großunternehmen mit speziellen Angeboten gemacht haben, die auf die Gesundheitsförderung und Gesunderhaltung älterer Beschäftigter abzielen, müssen an kleine und mittlere Unternehmen weitergegeben werden“, heißt es im Report. Schließlich sei die Generation 50+ unerlässlich für die Bewältigung der sozio-ökonomischen Herausforderungen sowie die Gestaltung des kulturellen und technologischen Wandels.