Die durch die Corona-Pandemie teils erzwungene Arbeit am heimischen Schreibtisch hat den Arbeitsalltag in vielen Unternehmen durcheinandergewirbelt. Ein Großteil der Firmen musste digitaler werden, egal ob sie ohnehin wollten oder sich dazu gezwungen sahen.

 

In einer Online-Umfrage¹ der Personalberatung InterSearch Executive Consultants GmbH & Co. KG gibt die Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer (rund 93 Prozent) an, seit der Krise gebe es Hybrid-Regelungen. Neben dieser Mischung aus Tagen im Büro und Tagen daheim, halten gut 81 Prozent regelmäßig Video- oder Telefonkonferenzen ab.

„Fast die Hälfte unserer befragten Kunden und Kundinnen hat die vergangenen Monate dazu genutzt, sich auch räumlich neu zu definieren“, sagt Alexander Wilhelm, Managing Partner der Personalberatung InterSearch Executive Consultants Frankfurt. So berichten 48 Prozent der Befragten, dass es jetzt geteilte Arbeitsplätze beziehungsweise Schreibtische gebe, so genannte shared desks. 25 Prozent der Unternehmen verfügen über mehr freie Fläche, die nicht mehr benötigt wird.

Optionen für Home Office sollen ausgeweitet werden

Home Office und mobiles Arbeiten scheinen sich etabliert zu haben. Jedenfalls wollen 89 Prozent der Firmen auch nach der Pandemie an dieser Lösung festhalten und 51 Prozent die Optionen zum Arbeiten von daheim ausweiten.

„Nicht nur die aktuellen Mitarbeitenden erhoffen sich hier entsprechende Angebote“, meint Dieter Albeck, Managing Partner bei InterSearch Executive Consultants. „Wir erleben sehr häufig schon im Rekrutierungsprozess, dass Kandidat:innen gezielt danach fragen und mehr remote arbeiten wollen.“

86 Prozent der befragten Personalverantwortlichen und Geschäftsführenden erleben ebenfalls, dass Home Office in Rekrutierungsgesprächen im vergangenen Jahr häufiger Thema war als zuvor. Neue Mitarbeitende würden hier Lösungen erwarten, sagen 93 Prozent. Die logische Konsequenz: Ohne ein entsprechendes Angebot im Gepäck könne man sich nicht mehr als attraktiver Arbeitgeber präsentieren, sind 79 Prozent überzeugt. „So wird Home Office oder mobiles Arbeiten zum entscheidenden Punkt im Kampf um Talente“, resümiert Wilhelm.

Mehr Engagement gefragt

Doch was bedeuten diese Trends für Führungskräfte? Dass sich Führung in Präsenz und remote unterscheiden, darin sind sich die Befragten einig. Es bedürfe noch mehr Engagement der Führungskraft bei der Beziehungsarbeit zu den Mitarbeitenden, meint eine teilnehmende Person. „Aktives Teambuilding spielt eine deutlich zentralere Rolle“, heißt es. Was früher ein kurzes Gespräch zwischen Kollegen gewesen sei, werde zunehmend eine E-Mail mit deutlich mehr Interpretationsspielraum in der zwischenmenschlichen Beziehung. Regelmäßige, kleine Teambuilding-Maßnahmen seien daher zur Pflicht geworden. „Die Führungskraft muss auch ein Gefühl dafür entwickeln, ob Mitarbeiter:innen Home-Office-Tage als Urlaubstage nutzen“, lautet eine Aussage. Das sei zwar die Ausnahme, aber solche Fälle gebe es leider.

Führung aus der Distanz

Die psychosozialen Konsequenzen der langen Pandemiezeit werden in den Unternehmen bereits sichtbar, wie die Umfrage zeigt. Sozialer Kontakt müsse pro-aktiv geplant werden, die Mitarbeitenden vereinsamten zusehends im Home Office. Hier seien gezielte Gegenmaßnahmen nötig, so ein Statement. Der Anstieg der psychosozialen Belastungen erfordere andere Führungseigenschaften. Erste Unternehmen reagieren bereits. 47 Prozent der Befragten geben an, spezielle Programme wie etwa Achtsamkeitsschulungen, aktive Pausen oder psychologische Betreuung seien eingeführt worden. Allerdings planen die Unternehmen, die bislang keine entsprechenden Angebote hatten, mehrheitlich auch keine aufzusetzen.

Ob die Führungskräfte von heute schon bereit sind, Verantwortung abzugeben, ihren Mitarbeitenden zu vertrauen und aus der Ferne zu führen, scheinen einige Teilnehmende zu bezweifeln oder gar zu verneinen. Nötig sei eine „Abkehr vom old white man Führungsstil“, meint eine teilnehmende Person. Eine andere Meinung lautet: „Mitarbeiter fordern mehr Freiheit bei der Zeiteinteilung, Mitbestimmung bei der Zieldefinition und Erweiterung der Verantwortung, sind aber nicht in der Lage, selbständig zu arbeiten und für sich selbst Prioritäten zu setzen. Und wenn mal was schiefläuft, waren sie nicht verantwortlich. Das passt so nicht.“ Einen möglichen Lösungsweg zeigt die Umfrage auf: Weg von einer Präsenz-, hin zu einer Ergebniskultur. „Home Office rückt Leistungsorientierung in den Mittelpunkt“, sagt Albeck. „Die Führungskraft sollte nicht mehr Anwesenheitszeit im Büro oder den individuellen Einsatz wahrnehmen, sondern in erster Linie Arbeitsergebnisse vergleichen.“

 

¹Die Umfrage erfolgte vom 7. bis 22. März 2022 online und anonym. Befragt wurden rund 1.055 Personalverantwortliche und Geschäftsführende kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU) sowie internationaler Familienunternehmen in Deutschland.