„Der Begriff Executive Search ist in Südafrika etwas missverstanden – er wird oft als eine teurere Form der Rekrutierung oder Talentgewinnung angesehen, das ist natürlich falsch! Die richtigen Talente in einem Unternehmen zu haben, kann einen enormen Einfluss auf dessen wirtschaftlichen Erfolg haben. Gleiches gilt für die falschen Talente im Unternehmen, denn das könnte der Untergang Ihres Unternehmens sein, insbesondere in den Schlüsselpositionen. Sie müssen sich also fragen: Was sind Ihnen die Nachhaltigkeit und der Erfolg Ihres Unternehmens wert?“, sagt Jackie Launder, Group Managing Executive bei Mindcor InterSearch in Johannesburg.

Launder hat ihre Wurzeln in der klassischen Unternehmensberatung und war bei Deloitte und Accenture tätig. Sie ist überzeugt, dass sie schon immer im “Talent-Game“ war. Für sie ist die Suche nach Führungskräften der Beratung sehr ähnlich. Der Hauptunterschied bestünde darin, dass Berater:innen von außen nach innen schauen und ihre Kund:innen ihre Ratschläge selten vollständig umsetzen.

„Als Executive-Search-Berater:in hat man durch strategische Personalbesetzungen die Möglichkeit, nachhaltige und skalierbare Veränderungen innerhalb eines Unternehmens zu bewirken. Da immer mehr Firmen das Vertrauen in traditionelle Beratungsunternehmen verlieren, wenden sie sich an den Executive-Search-Sektor. Die Berater:innen gehen viel flexibler an die Bedürfnisse ihrer Kund:innen heran – in so unterschiedlichen Bereichen wie Talent-Pipelining und -Mapping zur Schaffung zukünftiger Talentpools, Board-Advisory-Funktionen oder Nachfolgeplanung. Es geht darum, die richtigen Talente zur richtigen Zeit an den richtigen Platz zu bringen, und damit das Unternehmen voranzubringen“, erklärt Launder.

Südafrikanisches Arbeitsrecht führt zu einem Krieg um Talente

Diese neue Wertschätzung für Executive Search bedeutet keineswegs, dass Launders Arbeit einfacher geworden ist. Es gibt zwar einige Spitzenkräfte auf dem Markt, aber insgesamt ist es in Südafrika schwierig, die passenden Kandidat:innen zu finden. Das Land hat in den letzten Jahrzehnten eine enorme Umstrukturierung durchlaufen und im Zuge dessen eine umfassende Gesetzgebung zur Gleichberechtigung am Arbeitsplatz eingeführt – bekannt als Broad-Based Black Economic Empowerment oder BBBEE. Das Ziel dieser Gesetzgebung ist es, die historischen Ungleichheiten, bedingt durch die Auswirkungen der Apartheid, insbesondere auf die schwarze südafrikanische Bevölkerung und „Indian and Coloured South Africans“ (Anm. d. Red.: Bezeichnung in S.A.) zu bekämpfen. Im Rahmen dieser Gesetzgebung erhalten Unternehmen Punkte für die paritätische Einstellung von Mitarbeiter:innen nach „Race and Gender (Equity)“. Diese Punkte wiederum ermöglichen es dem Unternehmen, Handel zu treiben. So ist ein echter „War for Talents“ entbrannt.

„Noch nicht alle Kund:innen verstehen, dass sie für Equity-Talente einen Aufpreis zahlen müssen, weil sie so begehrt sind“, erklärt Launder. „Für hoch spezialisierte Positionen in bestimmten Branchen gibt es aktuell einfach keine Equity-Talente. Das liegt an den historischen Ungleichheiten. Wir dürfen nicht vergessen, dass es mindestens eine Generation dauert, um die Auswirkungen der Vergangenheit ungeschehen zu machen. Natürlich brauchen Kandidat:innen Zeit, um sich zu entwickeln und die entsprechenden Erfahrungen zu sammeln, damit sie erfolgreich sein können. In diesen Fällen müssen die Unternehmen entscheiden, ob sie vielleicht bereit sind, sich Zeit zu nehmen, um Talente für die Stelle selbst zu entwickeln“, berichtet sie.

Personalberatungsfirmen können Kosten reduzieren

Vor allem multinationale Unternehmen tun sich oft schwer, weil sie die Herausforderungen in Bezug auf Talente und das lokale Arbeitsrecht in Südafrika nicht durchblicken.

„Sie können nicht einfach nach Belieben Leute einstellen oder entlassen, sondern müssen nachweisen, dass Sie alles in Ihrer Macht Stehende getan haben, um Mitarbeiter:innen zum Erfolg in Ihrem Unternehmen zu verhelfen. Unser Arbeitsrecht ist sehr arbeitnehmerfreundlich, was vor allem einige multinationale Unternehmen, die damit nicht vertraut sind, als lästig empfinden“, sagt Launder. Diese und andere Anforderungen haben dazu geführt, dass die Beliebtheit von Personalberatungsdiensten stark gestiegen ist.

„Wir minimieren die Risiken für unsere Kund:innen und stellen sicher, dass wir sie in all diesen Bereichen angemessen beraten. Aber wir nehmen uns auch Zeit, um die Struktur, Strategie, Kultur und Probleme unserer Kund:innen zu verstehen. So können wir die richtige Beratung und Anleitung bieten, um sicherzustellen, dass die ausgewählten Talente besser in das Unternehmen passen. So können sie schneller Höchstleistungen erbringen und sich reibungsloser in ihr neues Team integrieren – was für uns zu einer nachhaltigen und vertrauensvollen Beziehung zu unseren Kund:innen führt“, so Launder.

Die südafrikanische Arbeitswelt ist im Wandel

Zusätzlich zu den strengen gesetzlichen Rahmenbedingungen, die sich auf die südafrikanische Wirtschaft auswirken, erlebt das Land eine starke Abwanderung von Talenten. Sie verlassen das Land aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit, der zunehmenden Kriminalität, des Mangels an Möglichkeiten und verschiedener anderer wirtschaftlicher und politischer Faktoren. Gleichzeitig haben es internationale Talente oder Expats schwer, in Südafrika eine Anstellung zu finden, es sei denn, ihre Qualifikationen sind wirklich einzigartig.

„Wir konzentrieren uns in erster Linie auf lokale Talente, und das ist auch richtig so“, erklärt Launder. Hybrides Arbeiten und die „Great Resignation“ sind auch in Südafrika zu spüren. Bewerber:innen entscheiden sich vielfach dafür, zwar in Südafrika zu leben, aber remote für moderne, multinationale Unternehmen zu arbeiten.

„Wir erleben aktuell einen massiven Wandel. Es geht nicht mehr um die Größe des Unternehmens oder das Produkt selbst, sondern vielmehr darum, wie sich das Arbeitsumfeld auf die Mitarbeiter:innen auswirkt“, sagt Launder. Das Wohlbefinden der Mitarbeiter:innen stünde bei vielen Unternehmen im Zentrum ihres Schaffens – und nach Corona wünschten sich Mitarbeitende ein Umfeld, das eine bessere Work-Life-Balance mit flexiblen Arbeitsregelungen ermöglicht.

„Unternehmen müssen sich eher früher als später auf diese Veränderungen einstellen, um nicht den Anschluss zu verlieren. Schließlich sind Talente der entscheidende Faktor für einen Wettbewerbsvorteil“, erzählt Launder.

Südafrika in Zahlen

BIP: 418,02 Mrd. USD

Wirtschaftswachstum: 4,9 % im Vergleich zum Vorjahr

Pro-Kopf-Jahreseinkommen: ca. 6.950 USD

Inflationsrate: + 4,6 % im Vergleich zum Vorjahr

Arbeitslosenzahl: 34,2%

Beschäftigte im Dienstleistungssektor: ca. 73 %

Quelle: Statista 2021

 

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Jackie Launder

Jackie Launder ist seit über sieben Jahren bei Mindcor InterSearch tätig und fungiert dort als Group Managing Executive. Zuvor war sie in der Unternehmensberatung mit dem Schwerpunkt Human Capital Strategy Consulting tätig – unter anderem für Deloitte und Accenture. Ihre Aufgaben erstrecken sich über verschiedene Sektoren, darunter Finanzdienstleistungen, Facilitys, ICT, Industrie und Automotive.