Screenshot 20200528 113412 EmailNorwegen hat mit der Corona-Pandemie und der Ölkrise viele Veränderungen durchlaufen. Traditionell dominieren die Öl- und Gasindustrie den Markt, aber es findet ein merkliches Umdenken und ein Shift in Richtung erneuerbarer Energien statt, sagt Grete Christoffersen, CEO von InterSearch Norway in Stavanger. Ihr Unternehmen hat sich auf diese Entwicklung vorbereitet und fokussiert sich seit 2018 stark auf erneuerbare Energien. „Das war deutlich früher als viele andere Unternehmen“, sagt Christoffersen. Die Ölkrise hat die Industrie in Stavanger besonders schwer getroffen, aber die explodierenden Ölpreise führen aktuell zu einem Boom und einer erhöhten Nachfrage nach Personal. Christoffersen warnt aber vor zu viel Optimismus: „Es ist absolut nicht absehbar, wie sich die Situation in Zukunft entwickelt. Es ist wichtig, sich etwas breiter aufzustellen und die Entwicklung der Märkte genau zu analysieren, um sich schnell anpassen zu können. Wir gehen davon aus, dass sich der Druck im Energiesektor weiter in Richtung erneuerbare Energien erhöhen wird.“

 

Sicherheit und Diskretion sind essentiell in der Ölbranche

Christoffersen, die selbst jahrelange Erfahrung beim europäischen Ölgiganten Schlumberger sammeln konnte, kann das Geschäft in Norwegen gut mit den restlichen Ländern Europas vergleichen. „Öl und Gas sind als Branche extrem fokussiert auf Sicherheit und Datenschutz – das wirkt sich auch stark auf den Personalbereich aus“, sagt sie. In der Personalbranche sei Diskretion von jeher essenziell, aber in einem Land wie Norwegen, in dem jeder jeden kennt, wäre es besonders herausfordernd. „Vor der Pandemie konnten wir eigentlich nie Meetings direkt aufeinanderfolgend abhalten, weil die Gefahr bestand, dass sich in unseren Räumlichkeiten Kandidat:innen über den Weg laufen, die sich kennen.“ Als besonders extremes Beispiel nennt sie eine Personalsuche, bei der einer der Kandidaten zufällig einen der anderen Kandidaten als Referenz angegeben hatte.

Ein Land voller kleiner, informeller Netzwerke

„Norwegen ist ein einzigartiger Fall, weil das Land so klein ist und die Netzwerke noch enger sind als in anderen europäischen Ländern. Eigentlich sind alle relevanten Personen nur zwei Kontakte auf LinkedIn entfernt“, erklärt Christoffersen. Insgesamt sei der Umgang in Norwegen viel zwangloser und damit sei es leichter, mit Kandidat:innen in Kontakt zu treten. „Man muss nicht erst über Assisten:innen kommunizieren, sondern hat einen direkten Draht zu den Talenten“, sagt Christoffersen. Auf der anderen Seite beruht ein großer Teil der Personalsuche in Norwegen auf Prozessen und Testsystemen und sei stärker standardisiert als in anderen Ländern – aus Effizienzgründen. Grund dafür seien die hohen Lebenshaltungskosten und das Gehaltsniveau.

Executive Search in Norwegen ist noch „jung“ – und günstiger

Christoffersen beschreibt den Ansatz von InterSearch Norway als einen Mix aus Executive Search und klassischem Recruiting. „Es kommt eher selten vor, dass wir Stellenanzeigen veröffentlichen, und wir sind meistens auf der Suche nach Talenten im C-Level. Für langjährige Kunden suchen wir aber auch anderes Fachpersonal mit dem entsprechenden technischen Know-how für die Energiebranche“, sagt sie. Die Gehaltsstrukturen innerhalb eines Unternehmens seien in Norwegen ausgeglichener als im europaweiten Vergleich. Top-Manager verdienen keine astronomischen Gehälter. „Executive Search ist in Norwegen erst seit 30 Jahren ein Thema, damit ist es noch ein junges Konzept im Kontrast zu anderen europäischen Ländern“, erklärt Christoffersen.

„Jantelowen“ und andere kulturelle Herausforderungen

Eine andere Besonderheit in Norwegen sei das sogenannte „Jantelowen“ – das Gesetz von Jante. Dieser soziale Kodex beeinflusst nicht nur das Zwischenmenschliche, sondern wirkt sich auch auf das Geschäftsleben aus. Christoffersen erklärt es wie folgt: „In Norwegen herrscht der strenge Glaube, dass niemand grundsätzlich besser ist als seine Mitmenschen. Das führt auch dazu, dass Unternehmen glauben, dass sie selbst genauso qualifiziert sind, Führungspersonal zu rekrutieren wie Executive Search Unternehmen.“ Dies sei natürlich nicht der Fall und viele Kund:innen kämen auf InterSearch Norway zu, nachdem sie selbst bei der Personalsuche erfolglos waren. „Sie müssen sich vorstellen, wie schwierig es sein kann, Talente in Norwegen von einem Wechsel zu überzeugen. Insbesondere im Ölbusiness reden wir auch von abgelegenen Regionen und Norweger:innen sind in der Regel sehr verbunden mit ihren Communitys und ziehen dort nicht gerne weg“ erklärt Christoffersen, die auch jahrelange Erfahrung im Relocation Business hat. „Am schwierigsten ist es, Norweger:innen ins Ausland zu rekrutieren“, sagt sie. Es seien vor allem monetäre Incentives, die in solchen Fällen zum Einsatz kämen.

Zusammenarbeit mit InterSearch-Partnern bei internationalen Suchen

„Die Arbeitslosenquote in Norwegen ist sehr niedrig und die Nachfrage nach ausgebildetem Fachpersonal, das bisher noch nicht in Norwegen vorhanden ist, groß“, sagt Christoffersen. „Das betrifft vor allem die Sektoren IT, Technologie, Digitalisierung, Industrie und Energie.“ Norwegen entwickele sich aktuell mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung erneuerbare Energien. Gerade in diesem Sektor profitiert InterSearch Norway vom internationalen InterSearch Netzwerk. Gemeinsam mit Kolleg:innen aus China konnten sie zum Beispiel kürzlich chinesische Expert:innen für ein norwegisches Batterieunternehmen gewinnen. Christoffersen weiß: „Das internationale Netzwerk ist ein ausgezeichnetes Verkaufsargument – nicht nur für die Expertise im Bereich erneuerbare Energien“.

Norwegen in Zahlen

 

Quelle: Statista, Destatis 2020/21